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Der Heilige Geist

 

Ich habe hier deutlich dargelegt, dass der eine wahre Gott nur der Vater ist, und dass der Mensch Jesus Christus sein Sohn ist. Etwas weniger offensichtlich ist die Identität des Heiligen Geistes. Diese Lücke versuche ich in diesem Aufsatz zu füllen. Ich möchte aber die folgende Vorbemerkung machen: Ich glaube nicht, dass ich hier den vollen Durchblick habe. Mehr noch als die anderen Inhalte dieser Homepage sollte das folgende als Anregung zum eigenen Nachdenken dienen. Auch formuliere ich zur Hauptsache nicht eigene Ideen, sondern wurde von verschiedenen anderen Quellen inspiriert, zum Beispiel vom Kanal The Trinity Delusion

 

Ist der Heilige Geist eine eigene Person?

 

Gleich zu Beginn muss man die Frage beantworten, ob der Heilige Geist eine eigene Person ist, welche vom Vater und vom Sohn unterschieden werden kann. Trinitarier bejahen diese Frage mit Verweis auf persönliche Pronomen, welche in Bezug auf den Heiligen Geist gebraucht werden, sowie auf persönliche Eigenschaften und Tätigkeiten, welche nur einer Person zugeschrieben werden können. Gemäss der gleichen Argumentation müssten Trinitarier aber schlussfolgern, dass Gott eine einzige Person ist. Man mag auch mir nun Inkonsequenz vorwerfen, denn obwohl ich persönliche Pronomen in Bezug auf Gott als starkes Argument für meine Position als Unitarier verwende, tue ich es nicht in Bezug auf den Heiligen Geist. Warum nicht? Antwort: Das hat mit dem gesunden Menschenverstand und der Verwendung des Wortes "Geist" beim Menschen zu tun. Jeder Mensch ist nur eine Person, und trotzdem ist mit dem "Geist eines Menschen" nie eine separate Person gemeint. Folglich muss man die Verwendung von persönlichen Pronomen in Bezug auf den Geist Gottes unter der Kategorie "Personifizierung" einordnen. Das Wirken des Geistes Gottes ist mit der persönlichen Gegenwart Gottes verbunden. 

 

Ich zähle noch die folgenden Gründe auf, warum der Geist Gottes keine eigene Person, sondern das persönliche Wirken Gottes ist: 1) Der Heilige Geist hat in der Bibel keinen Namen. Diese Tatsache wiegt schwer, weil Namen in der Bibel eine grosse Bedeutung haben. 2) Der Heilige Geist schickt keine Grüsse. Paulus schreibt am Anfang von jedem seiner Briefe: "Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus" (z.B. Röm. 1,7). Hat Paulus den Heiligen Geist vergessen? 3) Der Heilige Geist wurde zu Pfingsten ausgegossen. Die Vorstellung, dass eine Person ausgegossen wird, ist ziemlich seltsam. 4) David betet in Ps. 50,13 zu Gott: "nimm deinen heiligen Geist nicht von mir." Wäre der Heilige Geist eine eigene Person, dann hätte David doch sagen müssen: "Heiliger Geist, geh nicht von mir weg" oder ähnlich. 

 

Der Heilige Geist im alten Testament

 

Das hebräische Wort "Ruach", welches mit "Geist" übersetzt wird, hat die Grundbedeutung "bewegte Luft". In meinem Verständnis ist es ein sehr geeigneter Begriff, um das unsichtbare Wirken Gottes zu beschreiben. Schon ganz am Anfang, bei der Schöpfung, heisst es: "der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser" (1. Mose 1,2). Genau so wie es in der Bibel immer "Sohn Gottes" und nicht "Gott der Sohn" heisst, so gibt es auch den Begriff "Gott der Geist" nicht, sondern nur "Geist Gottes". 

 

Im alten Testament wurden bestimmte Menschen mit dem Heiligen Geist "gesalbt". Dadurch haben sich dann durch diese Menschen Wunder und Prophezeiungen ereignet. Ein deutliches Beispiel einer solchen "Salbung" finden wir bei David: "Da nahm Samuel sein Ölhorn und salbte ihn mitten unter seinen Brüdern. Und der Geist des Herrn geriet über David von dem Tage an..." (1. Sam. 16,13). 

 

Der Heilige Geist und die Zeugung Jesu

 

In Luk. 1,35 steht: "Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten, darum wird auch das Heilige, das von dir geboren wird, Gottes Sohn genannt werden." Wenn gemäss der trinitarischen Vorstellung der Vater, der Sohn und der Geist drei verschiedene Personen sind, dann ist dieser Vers ziemlich schwierig zu interpretieren. Ist der Heilige Geist der Vater Jesu? Oder doch Gott, der Vater? Man muss die Formulierung "Der heilige Geist wird... und die Kraft des Höchsten wird..." als Betonung durch Wiederholung verstehen. Damit ist der heilige Geist identisch mit der "Kraft des Höchsten"! Das ist eigentlich ganz einfach: Jesus wurde nicht von einem irdischen Vater gezeugt, sondern seine Zeugung war ein von Gott bewirktes Wunder: "die Kraft des Höchsten..." 

 

Der Heilige Geist zwischen Jesu Taufe und Tod

 

In Matth. 3,16 steht: "Und da Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser, und siehe, da tat sich der Himmel auf über ihm. Und er sah den Geist Gottes gleich als eine Taube herabfahren und über ihn kommen." Dies ist das Schlüsselereignis in Bezug auf Jesus als "Christus" oder "Messias". Jesus ist der "Gesalbte". Propheten, Könige und Priester, welche im alten Testament mit dem heiligen Geist gesalbt wurden, dienten als Beispiele und Vorbilder für den angekündigten "Messias". Das ist das Entscheidende bei Jesus, dem Sohn Gottes: Er war mit dem Geist Gottes gesalbt wie es sonst kein Mensch jemals war oder sein wird. Durch diese Salbung hat Jesus Wunder vollbracht, Gottes Worte geredet, Gottes Werke getan, und überhaupt Gott vollkommen offenbart und dargestellt. In diesem Zusammenhang ein letzter Bibelvers: "Und Jesus kam wieder in des Geistes Kraft nach Galiläa..." (Luk. 4,14). 

 

Der Heilige Geist nach Jesu Auferweckung

 

In meiner Beurteilung kann die Verwendung des Begriffs "Geist Gottes" erst nach Jesu Auferweckung zu Verwirrung führen. Die aufschlussreichsten Texte finden wir in den Korintherbriefen. Ich kommentiere zwei Stellen: 

 

"Es wird gesät ein natürlicher Leib, und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Ist ein natürlicher Leib, so ist auch ein geistlicher Leib. Wie es geschrieben steht: Der erste Mensch, Adam, 'ward zu einer lebendigen Seele', und der letzte Adam zum Geist, der da lebendig macht. Aber der geistliche Leib ist nicht der erste, sondern der natürliche, darnach der geistliche. Der erste Mensch ist von der Erde und irdisch, der zweite Mensch ist der Herr vom Himmel." (1. Kor. 15,44-47)

 

Es stimmt, dass es in der Bibel den Kontrast zwischen dem ersten und zweiten Adam gibt, und mit dem zweiten Adam ist Jesus gemeint (Röm. 5,12-19). Aber hier, in 1. Kor. 15,44-47, wird der "erste" Mensch, welcher sterblich ist, dem "zweiten" Menschen nach der Auferweckung der Toten gegenübergestellt. In diesem Sinn war auch Jesus vor seinem Tod ein "erster" Mensch, und nach seiner Auferweckung ein "zweiter" Mensch. Wenn man nun bedenkt, dass Jesus leiblich auferstanden ist, dann wird klar, dass die Worte "natürlich" und "geistlich" nicht einfach "sichtbar" und "unsichtbar" bedeuten. Auch etwas leibliches, das man anfassen und sehen kann, wird als "geistlich" bezeichnet. Es geht ganz einfach um die Unterscheidung zwischen "irdischen" Ursprungs und "göttlichen" Ursprungs. Der irdische, natürliche Mensch ist eine lebendige Seele (1. Mose 2,7), und dieses Leben steht in direkter Verbindung mit dem Atem und dem Blut. Dem gegenüber lebt der zweite, geistliche Mensch direkt aus der Kraft des Geistes Gottes. Hier finden wir, so glaube ich, den Schlüssel zum Verständnis der Beziehung zwischen dem auferstandenen Jesus und dem Geist Gottes. Die Tatsache, dass der Mensch nach der Auferstehung von den Toten (wovon Jesus der erste und bisher einzige ist) vollständig und direkt aus der Kraft des Geistes Gottes lebt, könnte wahrscheinlich viele entsprechende Fragen klären.

 

Man beachte auch die Formulierung "der zweite Mensch ist der Herr vom Himmel". Hier wird explizit ein Mensch als Herr vom Himmel bezeichnet. Das bedeutet nicht, dass ein Mensch identisch mit Gott ist, das wäre ja ein Widerspruch zur Tatsache, dass "Gott kein Mensch ist" (4. Mose 23,19). 

 

Betrachten wir als zweites die folgende Stelle aus den Korintherbriefen:

 

"Denn der Herr ist der Geist, wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit." (2. Kor. 3,17)

 

In der trinitarischen Doktrin gilt ausdrücklich: Der Vater ist nicht der Sohn, der Vater ist nicht der Geist, und der Sohn ist nicht der Geist. Wenn man aber den Kontext von 2. Kor. 3,17 betrachtet, z.B. die Verse 14 und 16 sowie Kapitel 4,5: "wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er sei der Herr", dann wird deutlich: Paulus meint in 2. Kor. 3,17 mit dem "Herrn" den Sohn Gottes, Jesus Christus. Gemäss Paulus gilt also: Jesus Christus IST der Geist. Diese Aussage steht im direkten Widerspruch zur Trinitätslehre. Man kommt hier mit der trinitarischen Vorstellung über den einen Gott in drei verschiedenen Personen nicht weiter. 

 

Man soll mich bitte nicht falsch verstehen. Ich meine nicht, dass in der Bibel immer, wenn "Geist Gottes" steht, als Synonym "Jesus Christus" eingesetzt werden kann. Jesus Christus wurde nach seiner Auferstehung "zum lebendig machenden Geist" (1. Kor. 15,45). Was für den Moment vielleicht schwer verständlich oder gar widersprüchlich erscheint, sollte durch die folgenden Stellen klarer werden:

 

"Wer mich liebt, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen." (Joh. 14,23). 

 

"unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus." (1. Joh. 1,3)

 

"ein Leib und ein Geist..." (Eph. 4,4)

 

Die Gläubigen haben Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, und mit seinem Sohn Jesus Christus durch den einen Geist, nämlich den Geist aus Gott, den Geist Gottes, den Geist Jesu. 

©2020 Gottes Gnade verstehen.

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