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1. Korinther 8,6

 

"so haben wir doch nur einen Gott, den Vater, ... und einen Herrn, Jesus Christus..."

 

Die trinitarische Sichtweise argumentiert wie folgt: Erstens habe Paulus hier das "Höre Israel" von 5. Mose 6,4 gewissermassen aktualisiert. Dies erkenne man an den Wörtern "Gott" und "Herr":

 

5. Mose 6,4: "Der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer. 

1. Kor. 8,6: "... nur einen Gott, den Vater,... und einen Herrn, Jesus Christus..."

 

Also habe Paulus das "Höre Israel" sozusagen "aufgespalten" und Jesus Christus mit in die Definition des einen Gottes hineingenommen. Zweitens argumentieren Trinitarier wie folgt: Wenn gemäss unitarischer Interpretation 1. Kor. 8,6 belegt dass Jesus Christus nicht Gott ist, dann würde der gleiche Vers analog belegen dass der Vater nicht Herr ist. Auf diese zwei Argumente antworte ich nun. 

 

Dass Paulus das "Höre Israel, ... der HERR ist einer", das wichtigste Glaubensbekenntnis der jüdischen Religion, mit dessen Worten auf den Lippen viele Juden sterben wollen, gespalten habe, um eine zweite Person mit hineinzunehmen, ist wirklich eine ausserordentliche Behauptung! Das hebräische Wort hinter "HERR" aus 5. Mose 6,4 ist der Gottesname "JHWH", und das griechische Wort hinter "Herrn" aus 1. Kor. 8,6 ist "kyrios". Dass "kyrios" nicht automatisch "JHWH" meint, habe ich unter "HERR" oder "Herr"? aufgezeigt. Diese behauptete "Spaltung" des "Höre Israel" ist also eine trinitarische Erfindung und keine saubere Bibelexegese. 

 

Auf das zweite trinitarische Argument antworte ich mit Verweis auf ein Video vom Kanal "The Trinity Delusion". Ich fasse das Hauptargument zusammen: Paulus' Aussage in 1. Kor. 8,6 sollte nicht so verstanden werden, als würde er die Leser informieren, dass der Vater Gott und Jesus Christus Herr ist. Vielmehr informiert er die Leser, WER der eine Gott und WER der eine Herr ist! Der Vers antwortet also nicht auf die Fragen 

 

"Was ist der Vater?" (Antwort: Gott) und 

"Was ist Jesus Christus?" (Antwort: Herr), 

 

sondern der Vers antwortet auf die Fragen 

 

"Wer ist der eine Gott?" (Antwort: Der Vater) und 

"Wer ist der eine Herr?" (Antwort: Jesus Christus). 

 

Dass dies tatsächlich so ist, sieht man an der sprachlichen Formulierung "... nur einen Gott, den Vater", denn mit dem Zusatz ", den Vater" wird die Identität des einen Gottes geklärt. Analog ist es mit dem "einen Herrn". In 1. Kor. 8,6 werden also zwei genannt: Der eine Gott und der eine Herr. In der Kategorie der "Götter" gibt es für Christen nur einen Gott, den Vater. In der Kategorie der menschlichen "Herren" gibt es für Christen nur einen Herrn, Jesus Christus. Diese Interpretation passt in den Kontext von 1. Kor. 8,6, denn im vorangehenden Vers 5 heisst es: "... wie es ja viele Götter und viele Herren gibt". In dieser Beschreibung der heidnischen Welt sind mit den "vielen Herren" sehr wahrscheinlich nicht Götter gemeint. 

 

Dass im neuen Testament die Formulierung "der eine Herr Jesus Christus" nicht "den einen Gott, den HERRN" meint, legen auch gewisse Ausführungen des Trinitariers N.T. Wright nahe. In seinem sehr zu empfehlenden Buch "Von Hoffnung überrascht" (Originaltitel: "Surprised by Hope") schreibt er in Kapitel 8: "Die Jesusgeschichte erzeugte damit eine radikale Intensivierung und Transformation aus dem Inneren der jüdischen Story heraus, und die Sprache, die entsteht, wenn das noch ausstehende Jesusereignis beschrieben wird, ist die Sprache, die in Bezug auf die Zukunft sagt: Jesus ist Herr, und der Kaiser ist es nicht." Das bedeutet: Der "eine Herr Jesus Christus" wird im Gegensatz zum römischen Kaiser verstanden, ist also eine Aussage auf der Ebene von menschlichen Autoritäten. 

 

Es bleibt dabei: "so haben wir doch nur einen Gott, den Vater".

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