Gottes Gnade verstehen
Auf das gute Erdreich gesät aber ist es bei dem, welcher das Wort hört und versteht; der bringt dann auch Frucht... (Matth. 13,23)
Johannes 6,62
"Wie, wenn ihr denn sehen werdet des Menschen Sohn auffahren dahin, da er zuvor war?"
Ich verweise auf die entsprechende Seite auf biblicalunitarian.com.
Jesu Aussage wird hier meistens so verstanden, dass er in den Himmel auffahren würde, wo er zuvor schon war. Dies ist ein klassisches Beispiel von trinitarischer Voreingenommenheit.
Zuerst einmal gibt es mit dieser Interpretation ein grosses Problem. Man muss sich nämlich fragen: Inwiefern war des Menschen Sohn vor seiner Geburt im Himmel? Christen, die an die Gottheit Jesu glauben, sind sich einig, dass Jesus vor seiner Geburt in Bethlehem kein Mensch war, sondern nur Gott, "das Wort". Erst mit der Geburt durch die Jungfrau Maria habe er "menschliches Fleisch angezogen".
Es sollte also eine plausiblere Interpretation geben. Im Kontext spricht Jesus mehrmals von der Auferstehung:
"... sondern dass ich's auferwecke am Jüngsten Tage." (Joh. 6,39)
"... und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage." (Joh. 6,40)
"... und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage." (Joh. 6,44)
In den folgenden Versen geht es darum, dass Jesus das Brot des Lebens ist (Vers 48), und dass dieses Brot sein Fleisch sei, welches er geben werde für das Leben der Welt (Vers 51). Daran nahmen die Zuhörer Anstoss, und Jesus sagt: "...Ärgert euch das? Wie, wenn ihr denn sehen werdet..." (Vers 61+62).
Im Kontext macht es absolut Sinn, dass Jesus im Vers 62 nicht von seiner Himmelfahrt spricht, sondern seine Zuhörer fragt, ob sie auch Anstoss nehmen werden, wenn ER von den Toten auferstehen wird.
Wenn man nur die deutsche Übersetzung von Joh. 6,62 kennt, scheint diese Interpretation erzwungen. Aber das griechische Wort "anabaino", welches hier mit "auffahren" übersetzt wird, bedeutet schlicht nur "hinaufsteigen" oder "hinaufgehen". Das gleiche Wort wird in folgenden Bibelstellen verwendet:
"Da er aber die Volksmengen sah, stieg er auf den Berg..." (Matth. 5,1)
"Und alsbald stieg er aus dem Wasser..." (Mark. 1,10)
"Etliches fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen auf und erstickten's." (Matth. 13,7)
"Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerbaum..." (Luk. 19,4)
Im Gegensatz dazu wird dort, wo Jesu Himmelfahrt beschrieben wird (Mark. 16,19; Luk. 24,51; Apg. 1,9) das Wort "anabaino" gerade nicht verwendet.
Eine passende Übersetzung wäre also: "Wie, wenn ihr denn sehen werdet des Menschen Sohn hinaufsteigen dahin, da er zuvor war?" Damit wäre es im Kontext besser ersichtlich, dass Jesus von seiner Auferstehung gesprochen hat.
Weiter zu Joh. 8,58.