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Über den freien Willen

 

Zu diesem Thema möchte ich einen Vortrag von Siegfried Zimmer empfehlen. Ebenfalls habe ich sehr viel von Thomas Talbotts Buch "The Inescapable Love of God" gelernt. 

Im vorigen Abschnitt habe ich Talbotts "inkonsistentes Dreieck" vorgestellt: Calvinisten verneinen Aussage 1), dass Gott alle Menschen retten will. Arminianer verneinen Aussage 2), dass Gott alle Menschen rettet, welche er retten will. Und Allversöhner verneinen Aussage 3), dass nicht alle Menschen gerettet werden. Im folgenden möchte ich alle drei Gruppen durchgehen und entsprechende Überlegungen zum "freien Willen" erläutern. Mein persönlicher Weg führte mich vom Arminianismus zum Calvinismus und schliesslich zur Allversöhnung. 

Der freie Wille im Arminianismus

 

Als "Arminianer" bezeichne ich diejenigen Christen, welche glauben, dass nicht alle Menschen gerettet werden, und dass in letzter Konsequenz der freie Wille des Menschen darüber entscheidet, ob man gerettet wird. Arminianer glauben ausserdem, dass Gott alle Menschen liebt und retten will. Auf die Frage "Warum rettet Gott nicht alle Menschen?" antworten Arminianer deshalb so: "Weil der Mensch einen freien Willen hat". Gott sei zwar schon gütig und möchte alle Menschen retten, aber die Menschen haben ja einen freien Willen und wenden sich selber von Gott ab. Wenn sie sich also von Gott nicht helfen lassen wollen, dann kann Gott ihnen auch nicht helfen. Gott zwingt schliesslich niemanden. 

 

In arminianisch geprägten Gemeinden wird gelehrt, dass man durch eine "freie Willensentscheidung für Christus" wiedergeboren wird. Erstaunlich aber ist: Im neuen Testament enthalten Aufforderungen zur Bekehrung niemals die Worte "Entscheidung" oder "freier Wille". Warum wohl nicht? 

 

Alle, die in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen sind und ihren freien Willen, mit dem sie sich dem christlichen Glauben "zugewandt" haben, so wichtig nehmen, sollten sich fragen: Hätte ich mich auch so einfach für den christlichen Glauben "entschieden", wenn ich als Sohn oder Tochter eines muslimischen Imams aufgewachsen wäre? Oder in einem atheistischen Elternhaus? 

 

In meinen Augen ist ein Hauptproblem des Arminianismus die Tatsache, dass der Mensch zu Gott gemacht wird. Im Arminianismus sagt Gott zum Menschen: "Dein Wille geschehe". Und der Christ, welcher sich aus "freier Entscheidung" Gott zugewandt hat, hat einen Grund, sich zu rühmen und stolz auf diejenigen herunterzublicken, welche Gott ablehnen. 

 

Aber es wird noch schlimmer: Dem Menschen wird die untragbare Last der Verantwortung für sein ewiges Seelenheil aufgelegt. Soll man das wirklich ernsthaft glauben? Ein Mensch soll, obwohl er von Gott unklare oder sogar falsche Vorstellungen hat, ewig dafür bestraft werden, dass er Gott abgelehnt hat? Es ist genau diese Last, welche mich zunächst vom Arminianer zum Calvinisten gemacht hat (bevor ich dann schliesslich zum Allversöhner wurde). Betrachten wir diese Gruppe als nächstes. 

Der unfreie Wille im Calvinismus

  

Als "Calvinisten" bezeichne ich diejenigen Christen, welche glauben, dass nicht alle Menschen gerettet werden, und dass in letzter Konsequenz Gottes Wille darüber entscheidet, ob man gerettet wird. In dieser Überzeugung wird dem Menschen die Last der Verantwortung für das ewige Seelenheil abgenommen. In diesem Sinn hat mich der Calvinismus damals überzeugt und entlastet. Betrachten wir dazu einige Bibelstellen, welche, so meine ich auch heute noch, nicht einfach ignoriert werden können:

"Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, dass ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat" (Joh. 6,44)

"So liegt es nun nicht an jemandes Wollen (= freier Wille?) oder Laufen (= Werke), sondern an Gottes Erbarmen... So erbarmt er sich nun, welches er will, und verstockt, welchen er will." (Röm. 9,16+18)

 

"Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch den Glauben - und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es -, nicht aus den Werken, auf dass sich nicht jemand rühme." (Eph. 2,8-9)

Der Calvinismus betont, dass kein Mensch einen Beitrag zur Erlösung aus eigener Tugend oder Kraft leisten kann. Über die menschliche Natur steht nämlich geschrieben:

"Da aber der Herr sah, dass der Menschen Bosheit gross war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar" (1. Mose 6,5). 

 

Das sind starke Worte: "alles", "nur", "immerdar"! Wenn "alles Dichten und Trachten des Herzens nur böse" ist, woher soll der Mensch dann seine "Entscheidung für Christus" nehmen? 

Der Sündenfall bestand im Wesentlich darin, dass der Mensch die Kontrolle über sein Leben selber in die Hand nehmen wollte. Er wollte also selber über sein Wohlbefinden entscheiden (siehe hier). Inwiefern sollte dann eine selber getroffene Entscheidung das geeignete Heilmittel sein, welches die Sünde wieder rückgängig machen könnte? Müsste die Umkehr des Sündenfalls nicht Vertrauen auf Gottes gütigen Willen sein, und nicht eine menschliche Entscheidung?

Vielen evangelikalen Christen ist nicht bekannt, dass eines der wichtigsten Bücher Martin Luthers den Titel "Vom unfreien Willen" (1525) trägt. Darin bringt Luther den Kern, um den es in der Frage vom freien Willen geht, so auf den Punkt:

 

"Gott verheisst den Demütigen, das heisst denen, die an sich verzweifelt sind und sich aufgegeben haben, mit Bestimmtheit seine Gnade. Ganz und gar aber kann sich kein Mensch eher demütigen, bis dass er weiss, dass seine Seligkeit vollständig ausserhalb seiner Kräfte, Absichten, Bemühungen, seines Willens und seiner Werke gänzlich vom Belieben, Beschluss, Willen und der Tat eines anderen, nämlich Gottes allein, abhänge. Wenn er nämlich im Vertrauen auf sich selbst bleibt - und das tut er so lange wie er sich einbildet, er vermöge auch noch so wenig für seine Seligkeit zu tun - und nicht von Grund auf an sich verzweifelt, so demütigt er sich deswegen nicht vor Gott, sondern vermutet oder hofft oder wünscht wenigstens Gelegenheit, Zeit oder irgendein gutes Werk, dadurch er dennoch zur Seligkeit gelange. Wer aber wirklich nicht daran zweifelt, dass alles vom Willen Gottes abhänge, der verzweifelt völlig an sich selbst, wählt nichts eigenes, sondern erwartet den alles wirkenden Gott. Der ist am nächsten der Gnade und der Seligkeit."

 

Darum also geht es: Um die Vernichtung unseres Hochmuts, und um Gottes Ehre. Natürlich lieben die Protestanten Luthers Lehre, dass man nicht durch Werke selig werden könne. Aber haben sie auch verstanden, dass es dabei nicht darum geht, sich auf einem bequemen Kissen auszuruhen, sondern darum, dass sich vor Gott niemand rühmen kann? Und hat im Arminianismus der religiöse Trieb des Menschen mit der "Entscheidung für Christus" nicht eine Art Ersatzwerk geschaffen, auf das man stolz sein kann? 

Von Vertretern des Arminianismus hört man häufig das folgende Argument: "Wenn Gott ein Gebot gegeben hat, dann muss der Mensch auch die Fähigkeit haben, es zu erfüllen." Das heisst: Weil Gott den Menschen gebietet, Busse zu tun und umzukehren, deshalb müssen sie auch die entsprechende Fähigkeit haben. Tatsächlich hat Erasmus von Rotterdam so argumentiert, auf dessen Schrift "Vom freien Willen" Luther mit seiner Schrift "Vom unfreien Willen" geantwortet hat. 

 

Ja tatsächlich, in 5. Mose 30,19 steht: "... ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, dass du das Leben erwählest..." Aber auch wenn ein Prediger wie John Wesley diesen Vers benützte, um zu beweisen, dass die Menschen durch ihren freien Willen selig werden: Er beweist genau das Gegenteil! Denn der Zweck des Gesetzes im alten Testament war doch genau, die Sünde zu offenbaren! Paulus schreibt:

 

"... darum dass kein Fleisch durch des Gesetzes Werke vor ihm gerecht sein kann, denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde." (Röm. 3,20)

 

und

 

"Christus aber hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da er ward ein Fluch für uns..." (Gal. 3,13)

 

Der "Fluch des Gesetzes", das ist genau der Fluch aus 5. Mose 30,19! Ich kann nur davon abraten, diesen Vers als Wegweiser zur Erlösung zu verstehen. Gott hat zwar nicht gelogen: Wer 5. Mose 30,19 erfüllen kann, der hat auch die Verheissung des Lebens. Aber nur Jesus konnte es. Martin Luther erklärt es in "Vom unfreien Willen" so: Ein Gebot Gottes sagt nur etwas darüber aus, was wir tun sollen, aber nicht, ob wir es auch können.

 

Nun möchte man vielleicht einwenden: Aber Gott zwingt doch niemanden zum Heil! Und wir sind doch keine Marionetten! Das ist schon richtig, und das ist auch eine der Schwächen im strengen Calvinismus. Es gibt aber noch schwerwiegendere Gründe, warum viele Christen den Calvinismus ablehnen. Calvinistische Theologen, welche ihre Überzeugung systematisch darlegen und verteidigen, müssen eingestehen: Gemäss ihrer Überzeugung liebt Gott nicht alle Menschen, im Gegenteil. Diejenigen Menschen, welche nicht auserwählt sind, werden von Gott gehasst und sind von Ewigkeit her zur Verdammnis vorherbestimmt. Viele können (zu Recht!) den Gedanken nicht ertragen, dass Gott gewisse Menschen zur Verdammnis vorherbestimmt, ohne dass diese vorher gefragt werden. John Wesley hielt eine berühmte Predigt mit dem Titel "Free Grace" gegen die calvinistische Lehre der Vorherbestimmung. Darin nennt er diese Lehre "das schreckliche Dekret", (engl. "the horrible decree"). Einige Calvinisten versuchen sich folgendermassen herauszureden: Sie würden zwar an die Auserwählung zur Seligkeit glauben, aber nicht an die Vorherbestimmung zur Verdammnis. Nun muss ich John Wesleys Argument in seiner Predigt "Free Grace" aber zustimmen: Diese Unterscheidung ändert überhaupt nichts! Wenn Gott einige zur Seligkeit auserwählt, dann sind die anderen indirekt zur Verdammnis vorherbestimmt. 

Wie ging Luther mit diesem Problem um? Er bezeichnete die Auserwählung als ein Geheimnis, welches in diesem irdischen Leben nicht verstanden werden könne. Folglich warnte er vor Spekulationen darüber, wie Gottes Vorherbestimmung funktioniert, und auch vor unnötigem Grübeln darüber, ob man auserwählt sei oder nicht. In seiner Vorrede zum Römerbrief schreibt er:

 

"Im neunten, zehnten und elften Kapitel handelt Paulus von der ewigen Vorsehung Gottes, aus der hervorgeht, wer glauben oder nicht glauben wird, wer von Sünden loskommt oder nicht, womit alles aus unsern Händen genommen und allein in Gottes Hand gegeben ist, dass wir fromm werden. Und das ist auch äusserst notwendig. Denn wir sind so schwach und unsicher, dass, wenn es nur an uns läge, kein einziger Mensch selig würde, der Teufel vielmehr alle mit Sicherheit überwältigen würde. Aber da Gott genau weiss, dass das, was er vorherbestimmt, nicht fehlgeht, noch jemand ihm wehren kann, bleibt uns Hoffnung gegen die Macht der Sünde." 

 

Und dann fährt er fort:

 

"Aber hier ist den frevelhaften und hochfahrenden Geistern eine Grenze zu setzen, die ihren Verstand gerade auf diesen Punkt konzentrieren und damit anfangen, vorweg den Abgrund göttlicher Vorherbestimmung zu erforschen und sich vergeblich bemühen herauszufinden, ob sie vorherbestimmt sind. Die stürzen sich damit selbst ins Unglück, sofern sie entweder verzagen oder alles aufs Spiel setzen." 

 

Auch mich hat diese "Erklärung" lange zufriedengestellt. Aber schliesslich bin ich zur Überzeugung gelangt, dass es eine viel konsistentere Sicht bezüglich des freien Willens gibt, welche alle der obigen Nachteile bezüglich Arminianismus und Calvinismus vermeidet. 

Der freie Wille in der Allversöhnung

 

Wenn ich nun mein Verständnis des "freien Willens" darlege, dann muss ich gleich zu Beginn klarstellen, dass ich absolut ausschliesse, dass unser freier Wille einen Einfluss auf unser ewiges Seelenheil hat. Gott rettet ja alle Menschen. Die Frage ist nun, welche Rolle der freie Wille in unserer Beziehung zu Gott tatsächlich spielt. Die folgenden Gedanken sind wieder sehr von Thomas Talbott beeinflusst. 

 

Wie soll man den Begriff "freier Wille" überhaupt sinnvoll definieren? Einige schlagen folgende Definition vor: Eine Handlung wurde in Freiheit getan (resp. unterlassen), wenn man unter den genau gleichen Umständen diese Handlung auch hätte unterlassen (resp. tun) können. Ich meine, dass eine solche Definition in einem sehr eingeschränkten Rahmen vielleicht seine Berechtigung hat. Trotzdem ist diese Sicht höchst künstlich, und entspricht kaum unserer Erfahrung. Auch die moderne Psychologie bezweifelt, ob eine solche Freiheit tatsächlich existiert. 

 

Für den gegenwärtigen Zweck schlage ich eine andere Sichtweise vor, welche ohne präzise Definition auskommt. Ich meine, dass der freie Wille des Menschen insofern existiert, als dass er eine authentische Beziehungen zu Gott möglich macht. Gott möchte, dass wir uns "freiwillig" ihm zuwenden, damit unsere Beziehung zu ihm einen echten authentischen Wert hat. Wir sind also keine Marionetten. Wie aber schafft Gott es, dass wir uns ihm "freiwillig" zuwenden? Die Antwort ist ziemlich einfach: Er überzeugt und gewinnt uns durch seine Liebe. In Röm. 2,4 steht: "Weisst du nicht, dass dich Gottes Güte zur Busse (Umkehr) leitet?" Das bedeutet: Gott gewinnt unser Herz durch seine Freundlichkeit! Es stimmt schon: Zwang kann ein Herz nicht verändern, aber Liebe kann es. Wieso sollte es Gott nicht möglich sein, ein ungläubiges Herz durch seine Liebe zu gewinnen? 

 

Eine Entscheidung im biblischen Sinn wird durch das Gleichnis vom verborgenen Schatz im Acker sehr gut illustriert. Matth. 13,44: "Abermals ist gleich das Himmelreich einem verborgenen Schatz im Acker, welchen ein Mensch fand und verbarg ihn und ging hin vor Freuden über denselben und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker." War die Entscheidung, den gesamten Besitz zu verkaufen, schwierig? Musste dieser Mensch zuerst gründlich abwägen? Musste er sich innerlich überwinden und einen schweren Entschluss fassen? Wohl kaum. Und man muss fragen: Welchen Einfluss hatte sein "freier Wille" darauf, dass er diesen Schatz im Acker überhaupt erst fand? Keinen. 

 

Um das Wesen der "Freiheit" noch etwas besser zu verstehen, möchte ich zur Illustration ein Beispiel anführen, welches auch Talbott verwendet hat: Martin Luthers Auftreten in Worms vor Kaiser und Papst. Luther sagte: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders!" Luther sagte also explizit, dass er nicht anders konnte. Trotzdem würde ich argumentieren, dass er in Freiheit gehandelt hat. Warum ist das so? Weil die Freiheit in erster Linie nicht darin besteht, dass man sich gemäss jeder anderen theoretisch vorhandenen Option verhalten könnte, sondern dass man gemäss seinen eigenen Überzeugungen und gemäss seinem eigenen Urteilsvermögen handelt, ohne von aussen gezwungen zu werden. 

 

Ich gehe für das folgende kleine Gedankenexperiment davon aus, dass der Mensch eine gewisse echte Freiheit zur eigenen Entscheidung hat, auch wenn ich überzeugt bin, dass dies in der Realität sehr eingeschränkt wahr ist. Die Interaktion zwischen Gott und Mensch kann man sich dann vereinfacht so vorstellen: Der Mensch kann sich zwar frei entscheiden, aber gleichzeitig befindet er sich in grosser Unwissenheit und Unklarheit in Bezug auf die Realität Gottes. Bei der Tatsache, dass der Mensch in Freiheit entscheidet, geht es nun nicht primär darum, ob man sich richtig oder falsch entscheidet. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass man überhaupt Entscheidungen trifft. Betrachten wir eine solche Entscheidung etwas genauer, und gehen wir davon aus, dass es sich bei der Entscheidung um die Frage handelt, ob man sich Gott zuwendet oder sich von ihm abwendet. Wenn sich der Mensch für Gott entscheidet, dann wird er die wohltuenden Resultate dieser Entscheidung geniessen. Wenn er sich aber gegen Gott entscheidet und Gott die Freiheit des Menschen respektiert, dann wird der Mensch die schmerzhafte Konsequenz der Abwesenheit Gottes erfahren. Dass Gott dem Menschen die Freiheit lässt, sich gegen Ihn zu entscheiden, liegt aber in Gottes Liebe begründet, denn: Erst durch die schmerzliche Erfahrung der Abwesenheit Gottes werden die menschlichen Illusionen und Fehlvorstellungen zerschlagen, welche der Entscheidung gegen Gott zugrunde lagen. Und schliesslich, wenn die menschlichen Illusionen zerschlagen sind, kann Gott den Menschen durch den Beweis seiner Liebe gewinnen. In jedem Fall ist also das Resultat, dass der Mensch gelernt hat, dass sein wahres Glück darin besteht, sich Gott zuzuwenden. Er kann dann nicht mehr anders, er muss sich Gott zuwenden. Und diese Zuwendung erlebt man als eine Handlung in Freiheit. Das ist die Erklärung für das scheinbare Paradoxon, dass Gott sowohl die Freiheit des Menschen respektieren und gleichzeitig die Rettung desselben Menschen vorherbestimmen kann. 

 

Und was ist nun schliesslich mit dem Begriff "Auserwählung" gemeint? Beim Thema der "Auserwählung" geht es vor allem um Gottes Heilsplan. Gottes Plan, die Welt zu erlösen, erfolgt in mehreren Stufen. Zuerst hat Gott Abraham auserwählt, damit durch dessen Nachkomme(n) alle Völker gesegnet würden (1. Mose 22,18). Damit war auch Israel auserwählt, ein Licht für alle Völker zu sein (Röm. 2,19). Israel hat diesen Auftrag nicht erfüllen können, weshalb der Messias kommen musste: Jesus Christus war der Auserwählte Gottes. Und mit Christus ist auch seine Gemeinde auserwählt, um das Evangelium in aller Welt zu verkünden. Wir sehen also: Der Zweck der Auserwählung besteht nicht im individuellen Seelenheil, sondern darin, ein Kanal für Gottes Segen zu sein, welcher zu allen Menschen fliessen soll! 

 

Die Auserwählung ist nicht "exklusiv", d.h. Auserwählung bedeutet nicht, dass diejenigen, die nicht auserwählt sind, nicht gerettet werden. Vielmehr ist die Auserwählung "inklusiv", d.h. die Auserwählten repräsentieren den Rest der Menschheit, welcher schliesslich auch gerettet wird.  

Weiter zu Die Bedeutung des Kreuzes Jesu Christi.

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