Gottes Gnade verstehen
Auf das gute Erdreich gesät aber ist es bei dem, welcher das Wort hört und versteht; der bringt dann auch Frucht... (Matth. 13,23)
Trostworte für die geplagte Seele
von Pehr Brandell (1781-1841)
(übersetzt aus dem Englischen)
Lieber Freund! Erhebe dein Herz von all deiner Not, all deinem Gram, deiner Sorge und allem Jammer, und erblicke hier Gottes väterliches Herz, welches für dich geöffnet ist, voll von reiner Liebe, Gnade, Erbarmen, Trost und Wonne. Es ist Ihm nicht genug, dass Er in seinem eigenen Herzen unsere Sünden vergeben und vergessen - ja, für ewig vergessen - hat, sondern in seiner inneren Sehnsucht und seinem Verlangen, die bekümmerten Herzen und Gewissen dies zu ihrem Trost und zu ihrer Rückerstattung hören und lernen zu lassen, beeilt er sich, seinen Knechten und allen seinen Treuen zu befehlen, diese gesegnete, gesunde und unvergleichlich süsse Nachricht anzukünden und auszurufen: "Tröstet, tröstet mein Volk." Sprich freundlich mit ihnen und sag ihnen, dass ihre Sklaverei, ihre Gefangenschaft und ihre Zeit der Verzweiflung beendet ist, denn ihre Übertretungen sind vergeben. Denn sie haben von der Hand des Herrn doppelt für ihre Sünden empfangen, nämlich die Vergebung der Sünden und Freiheit vom Gesetz, Gnade für Schuld und Leben für Tod. Aber der Grund warum Gott, der himmlische Vater, ein solch erbarmungsvolles Herz für uns gefallene Kinder hat, und warum er tausendmal lieber all unsere Sünden vergibt als wir die Vergebung empfangen können, ist weil Jesus Christus, Gottes einziger Sohn, vom Himmel kam, all unsere Sünde auf sich selber nahm, uns mit seinem Blut erlöste, all unsere Schuld vor Gott bezahlte und uns so dem Vater versöhnte, sodass Er nun dir, mir und allen, die an seinen Sohn glauben, genau so geneigt ist wie unseren ersten Eltern vor dem Sündenfall. So wenig Er seinem Sohn, den er von Ewigkeit her geliebt hat, zürnen kann, so wenig kann er mit uns zürnen, denn dieser Sohn hat all sein Eigentum, das heisst sein eigenes Leben, für uns bezahlt, und wir sind nun seine Miterben durch den Glauben geworden. So sind wir nicht nur frei von Schuld und Bestrafung, sondern wir haben zusätzlich umsonst ein weit grösseres Vermögen und mehr Kostbarkeit empfangen als uns beim Sündenfall verloren ging, denn Christus hat nicht nur unsere gesamte Schuld vor Gott bezahlt und uns von Tod, Teufel und Hölle gerettet, sondern er hat uns auch die Kindschaft und das Erbrecht mit ihm selber erworben, zu einem ewigen Leben mit Gott im Himmel. Siehe wie viel grösser als alle Könige und Kaiser auf Erden der Mann ist, der einfach von Christus nimmt und empfängt, und Ihm einfach erlaubt, sich selber ihm zu schenken.
Aber hier könnte dein Herz einwenden: "Diejenigen, die Gott Gehorsam beweisen und sich dieser Schätze als würdig erweisen, erhalten wohl diese Kindschaft, aber ich war mehr als alle anderen ungehorsam, ungläubig und eigensinnig gegen Gott. Deshalb bin ich gänzlich unwürdig, solche Geschenke von Ihm zu erhalten." Da antworte ich: "Das bist du tatsächlich, aber wenn es eine Sache der Würdigkeit wäre, würde Gott diesen unergründlichen Schatz keinem einzigen Menschen gewähren, sondern den Engeln allein." Also ist es nicht unsere Würdigkeit oder unser Gehorsam, der Gott dazu bewegt, uns diesen Schatz - sein Sohn und alles was er ist und besitzt - zu geben, sondern seine reine Gnade, umsonst und kostenlos, veranlasst ihn, uns dieses Heil zu geben.
"Ja," sagst du, "aber doch macht es einen Unterschied, wie wir Menschen unser Leben hier auf Erden führen, in Sünde und Übertretung gegen Gott, weshalb ich ganz besonders zu ewigem Tod schuldig geworden bin." Ich antworte und sage mit Luther: Ich würde keinen halben Rappen für alle Verdienste, Heiligkeit und Gerechtigkeit von Petrus und Paulus geben, als hätten sie sich damit solche Schätze und Gaben erworben, denn Petrus, Paulus und Johannes der Täufer, mit all ihrer Heiligkeit, waren keine Haaresbreite würdiger, Kinder Gottes zu sein, als wir anderen Sünder, du und ich. Angenommen, man müsste mit Petrus, Paulus und Johannes dem Täufer über Privilegien in dieser Kindschaft streiten, würde ich gegen sie so argumentieren: Christus hat gelitten, ist gestorben und auferstanden, für mich genau so wie für sie, und auch mir hat er sein Wort, seine Taufe und sein Abendmahl gegeben, durch welche er mich gerufen und mir Gnade und Heil versprochen hat, genau so wie ihnen. Und wenn sie auch mehr Gerechtigkeit hätten als ich, macht es keinen Unterschied, denn sie müssen genau wie ich durch Christi Blut versöhnt und gerechtfertigt werden, als nichts mehr denn verdammte Sünder. Ja, mit all ihrem Gehorsam und Gerechtigkeit bestand für sie genau die gleiche Notwendigkeit wie für mich, sich in einem noch grösseren Gehorsam, Heiligkeit und Gerechtigkeit zu kleiden, nämlich mit demjenigen Christi durch Glauben, und all ihre eigene Gerechtigkeit zu verleugnen und sie als Kot, Scham und Verlust zu betrachten, wie Paulus in Philipper 3,7-8 von sich selber sagt, und nur in der Gerechtigkeit, die dem Glauben um Christi Willen zugerechnet wird, erfunden zu werden.
Deshalb hätten diese Heiligen genau wie ich mit all ihren Werken in Ewigkeit verloren gehen müssen, wenn Gott ihnen in seiner ewigen Barmherzigkeit nicht ihre Sünden vergeben hätte, ohne irgendwelche Schritte, die sie selber unternommen hätten. Und wenn Christus ihnen nicht durch seinen Verdienst den Geist Gottes erworben und sie zu Kindern Gottes gemacht hätte, und zwar vor und ohne jegliche eigene Werke, wären sie genau wie ich in Ewigkeit verloren gewesen. Deshalb sind wir alle gleich vor Gott, und keiner hat irgend einen Vorteil vor einem anderen. Also werden alle eigenen Verdienste vollständig weggewischt, und diese Gnade und Geschenk ist einfach allen Menschen angeboten und erschienen, nicht für die würdigen, sondern für die unwürdigen, nicht für die gerechten und reinen, sondern für die sündigen und unreinen Seelen. Und warum würden wir Jesus, unseren Heiland, brauchen, wenn wir an uns selber etwas anderes oder besseres hätten als nur Sünde von Kopf bis Fuss! Tatsächlich wäre Er ein Narr gewesen, hierher zu uns zu kommen und in all dieses Elend, Armut, Verachtung, Blasphemie, Qual, Schmerz und Tod hinab zu steigen, wenn wir irgendetwas vor Gott selber verdienen könnten.
Nun ist Christus ein geistlicher Arzt, und weder begehrt noch betrachtet er als die Seinen diejenigen, die ohne seine Hilfe und Behandlung wohl und gesund sind, wie er selber in Matthäus 9,12-13 sagt: "Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken ... Ich bin nicht gekommen, die Gerechten zu rufen, sondern Sünder zur Busse." Auch wenn niemand gerecht und alle Sünder sind, wie Paulus in Römer 3,23 sagt, betrachten sich die Werkgerechten doch selber als gerecht, was sie tatsächlich nicht sind. Christus kann solchen nicht helfen, denn sie sind viel zu gross und erwachsen für ihn. Deshalb ist es sein Vergnügen und Freude, diejenigen zu finden und zu behandeln, die krank, schwach, hilflos, in Not, verzweifelt und absolut ruiniert sind. An solchen kann er sein wahres Amt und Funktion ausüben: die Kranken zu heilen, die Schwachen zu stärken, die Bewusstlosen zu beleben und diejenigen in Not und Verzweiflung zu trösten und ihnen Gnade und Vergebung der Sünden, Kindschaft bei Gott, seine reine Gerechtigkeit, Heiligkeit, Unschuld, Gehorsam, Leiden, Erfüllung des Gesetzes und Auferstehung - kurz gesagt, all seinen Besitz - zu versprechen, und sie darin zu schmücken und ihre Nacktheit zu bedecken, dass sie in diesen Kleidern genau so heilig und rein und frei von Flecken oder Falten sind wie er selber. Doch in Christi Gerechtigkeit gekleidet zu werden und von Sünden, Tod und allem, was das Herz und Gewissen bedrückt und schmerzt, erlöst zu werden, geschieht nur durch den Glauben, wenn er die Worte des Evangeliums ausruft und für geplagte Seelen verkündigen lässt, wie sein Herz ihnen zugeneigt ist, und wie durch sein Leiden, sein Verdienst und seine Liebe ihre Erlösung und Heil in ihm allein zu finden ist.
Aber hier, lieber Freund, könnte dein Herz wieder einwenden: "Weil ich solch grässliche Übertretungen gegen Gott getan habe, dass niemand sonst, so glaube ich, seine Geduld so sehr missbraucht haben kann, könnte er mich sehr wohl abweisen, denn als er gerufen hat, habe ich nicht darauf gehört, als er angeklopft hat, habe ich nicht geöffnet, als er mich gesucht hat, habe ich mich nicht finden lassen, und als er mich gerufen hat, habe ich ihn verachtet, usw." Gott gibt hier selber Antwort, indem er sein väterliches Herz für dich öffnet und sagt, dass er auch jede noch so dunkelrote Sünde (und alles, was Sünde ist und Sünde heisst) vergibt um seines lieben Sohnes willen. Höre deshalb nicht so sehr auf das, was dein eigenes Herz sagt, sondern lieber auf das, was Gott im Himmel selbst dir sagt. Denn um seine unergründliche Liebe zu armen Sündern auszudrücken, beschreibt er seine Gnade und Vergebung als so gross und langwährend wie er selber ist - das heisst unendlich und ewig. Im obigen Text, Jesaja 40, sagt er, dass er dir deine Übertretungen bereits vergeben hat. Tatsächlich, was sind wir anderes als Übertreter vor Gott? Und in Jesaja 44,22 sagt er: "Ich habe deine Übertretungen wie eine Wolke und deine Sünden wie einen Nebel ausgetilgt. Kehre dich zu mir, denn ich erlöse dich." Und in Jesaja 43,25 sagt er noch: "Ich, ich tilge deine Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht." Merke wohl, lieber Freund, der Herr tut dir eine ewige Vergebung kund und sagt, dass er deiner Sünden nie mehr gedenken wird.
Lieber Freund! Warum bist du so betrübt, und warum quälst du dein Gewissen mit deinen Sünden, und lässt nicht das, was er vergessen und missachtet hat, vergessen und missachtet bleiben? Oh, grabe deine Sünden, welche Jesus vergraben hat, nicht aus. Versinke nicht in Sorgen, da Jesus dich jetzt durch sein liebliches Evangelium trösten will. Bekümmere dich nicht selber. Erlaube auch dem Gesetz, der Sünde und dem Tod nicht, dich zu ängsten, weil Jesus, der dies alles überwunden hat, dich jetzt trösten und glücklich machen will durch deinen Sieg und Erlösung in ihm. Beschwere dein Herz und Gewissen nicht, da Jesus dich beruhigen, aufrichten und ermutigen will mit seinem Wort und Geist. Denn das, was Jesus in Matthäus 9,2 zum Gichtbrüchigen sagt, sagt er auch dir und allen Herzen und Gewissen, die über ihren Sünden beunruhigt und verzweifelt sind: "Sei getrost, deine Sünden sind dir vergeben." Siehe, so verschwindet deine Sünde hier in seiner Gerechtigkeit, dein Tod in seinem Leben, und deine Verdammnis in seinem Heil, wie Luther sagt.
Deshalb, suche die Befreiung von deinen Sünden nirgends sonst, nicht in Zerknirschung über Sünde, nicht im Gesetz, nicht in Werken, nicht in irgendetwas das menschlich ist oder menschlich genannt wird, sondern nur in Jesus durch den Glauben, denn "es ist in keinem anderen Heil, ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden" (Apg. 4,12). In Jesaja 43,11 spricht er auch tröstend zu allen, die ihn suchen, und sagt: "Ich, ich bin der Herr, und ist ausser mir kein Heiland." Siehe, lieber Freund, jetzt hörst du die Stimme deines wahren Hirten, du, der auf allen möglichen Strassen und Pfaden in der Wildnis umher rennt, ihn in Bedrängnis suchst und nirgendwo finden kannst. Hier im Evangelium lässt er sich hören und will nirgend sonst gesucht oder gefunden werden. Er ruft dir zu und sagt: "Ich bin der Hirte, der einzige Hirte, der Tröster und Helfer aller bedrängter Bösewichte." Also "kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe geben" (Matth. 11,28). Denn ich bin der Gute Hirte, der sein Leben für die Schafe gibt (Joh. 10,11). Oh, mit welchen noch freundlicheren oder lieblicheren Worten hätte er sein erbarmendes Herz gegenüber armen Sündern beschreiben können, um sie damit zu sich selber zu ziehen, als indem sich selber hingibt, um freiwillig den Tod für ihre Befreiung und ihr Heil zu erleiden?
Tatsächlich kann das menschliche Herz hier nicht gänzlich verstehen oder erfassen, noch viel weniger kann eine Zunge ausdrücken, welches die Höhe, Tiefe, Länge oder Breite seiner unermesslichen Liebe ist, oder die Freude darin erkennen und sehen. Er selber sagt in Joh. 15,13, "Niemand hat grössere Liebe denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde." Aber Paulus rühmt die Liebe Gottes und Jesu sogar noch mehr, indem er sagt, "für seine Feinde" (Röm. 5,10). Deshalb, sobald du deine Sünden fühlst und weisst, dass du ein verlorenes Schaf bist, dass von Christus, deinem Hirten, weggerannt ist, hast du schon den Trost, dass er selber auf der Suche nach dir, seinem Schaf, ist, bis er dich findet, und wenn er dich gefunden hat, wird er dich auf seine Schultern legen und dich durch die Wildnis tragen mir Freuden. Das passiert wenn du seine Versprechen hörst, sie glaubst und dich darauf verlässt. Siehe, so beschreibt und schildert er sich selber in Lukas 15, und sobald du fühlst, dass du von Christus wegrennen willst, solltest du dich noch näher und näher an ihn drücken, denn er sucht dich nicht deshalb, um dich zu ängsten oder zu schlagen, sondern um dich freundlich zu ihm zu ziehen. Ja, du hast auch den Trost, dass die Striemen und das Leid deiner Sünden auf Christus geworfen und von ihm getragen sind, wie Jesaja in 53,4 sagt: "Sicherlich trug er unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen", und in Vers 6: "Der Herr warf unser aller Sünde auf ihn." Dies wurde auch von Johannes dem Täufer gesagt: "Siehe das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt" (Joh. 1,29). Und Hymne 14, Vers 9 des schwedischen Gesangsbuch sagt: "Christus legt deine Sünde auf sich selber und sagt zu dir: Komm zu mir, der du voller Sünden bist, deine Sünden trage ich selber." Ah, liebliches Evangelium! Deshalb haben wir keine Sünde mehr, denn für immer trägt er sie. Christus trägt beides, uns und unsere Sünden, ununterbrochen an sich selber. Aber für einen Menschen mitten in der Versuchung fühlt sich das anders an. Also muss man lernen, sich fest an das Wort zu halten und entgegen allen Gefühlen und Erfahrungen zu glauben. Das heisst, man hat die Hoffnung auf Gottes Gnade, die man noch nicht erlebt hat. Lieber Freund, verzweifle nicht bezüglich Gottes Wort und Versprechen, in welchem Zustand du auch sein magst oder was dir auch zustösst, denn in ihm sind sie Ja und Amen (2. Kor. 1,20). In deinen Gefühlen und Gedanken scheint es oft, als hätte Gott dir die Hilfe gänzlich versagt und dich für ewig vergessen, aber es ist nicht so. Folge nicht deinen Gedanken und glaube nicht deinem Herzen, sondern strebe - ja, und kämpfe mit allem Fleiss - dass du, Augen, Ohren und Sinne für alle Widersprüche geschlossen, nur Gottes Wort und Versprechen ergreifst und glaubst. Er selbst sagt im Prophet Jesaja 54,7-10: "Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit grosser Barmherzigkeit will ich dich sammeln. Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der Herr, dein Erlöser. Denn solches soll mir sein wie das Wasser Noahs, da ich schwur, dass die Wasser Noahs sollten nicht mehr über den Erboden gehen. (1. Mose 9,9-11) Also habe ich geschworen, dass ich nicht über dich zürnen noch dich schelten will. Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer."
Siehe, der Herr, der treu ist und nicht lügen kann, muss um unserer ungläubigen Herzen willen sein Wort mit dem grössten Eid bezeugen und bestätigen, nämlich mit seinem eigenen Leben (Hebr. 6,13). Und doch kann er uns kaum dazu bringen, uns auf sein Wort zu verlassen. Wie erbärmlich von dir, du böser Unglaube, dass du der Grund dafür bist, dass wir es nicht wagen, mit Freude oder zumindest ohne Furcht unsere Augen aufzuheben und Gottes sanftes Angesicht und erbarmendes Herz für uns in Christus seinem Sohn anzuschauen. Stattdessen gehen wir mir tränenvollen Augen und Herzen umher, und denken nur an das Gesetz und unsere Sünden, obwohl wir den grössten Grund dazu haben, dass unser Gesicht nur Freude und Fröhlichkeit ausstrahlen sollte. Denn warum sollte eine Person, die vom Evangelium hört, die von Gottes eigenem Mund verkündet bekommt, dass alle ihre Sünden vergeben sind, dass sie gerecht gesprochen ist und dass sie Leben und Heil, Kindschaft und Erbe aufgrund von und mit Christus besitzt, warum, frage ich, sollte sich so eine Person bekümmern? Sie hat keinen Grund dazu, denn dies sind keine traurigen Nachrichten, sondern ein so grosses Heil, dass sogar die Engel gelüstet, es zu schauen (1. Petr. 1,12).
Hier siehst du, lieber Freund, dass ich keine Frucht des Glaubens von dir verlangt habe, auch nicht gefordert habe, dass du deinen Glauben mit Werken beweist. Nein! Hier musste ich Gesetz, Werke, Liebe, Frömmigkeit und alles andere ausschliessen, denn solche Dinge sind nicht für dich in dem Zustand, in dem du dich jetzt befindest. Und auch Gott verlangt diese Dinge nicht von dir, solange du nicht auf sicher weisst, dass du vor ihm in Gnade bist und Vergebung der Sünden und totales Heil in Christus durch den Glauben vor und ohne jegliche eigene Werke hast, denn vor den Werken muss der Glaube im Herzen sein. Aber wenn du den Glauben ergriffen hast und ein sanftes, zartes, fröhliches und weiches Herz bekommst, dann wirst du mehr als genug zu schaffen finden. Aber in deiner Verzweiflung und während du dich so sehr mit Werken abmühst, fragt der Herr selber in Jesaja 55,2: "Warum zählet ihr Geld dar, da kein Brot ist, und tut Arbeit, davon ihr nicht satt werden könnt?" Das bedeutet, willst du Gnade und Vergebung deiner Sünden durch Werke von mir kaufen, und ein ruhiges Gewissen und Heil durch das Halten des Gesetzes erreichen? Oh, das ist nur verlorenes Geld und Mühe. Deshalb bietet er in seinem heiligen Evangelium seine reiche Gnade allen Seelen an, die nach Gnade hungert und dürstet, und lockt sie, umsonst himmlisches Brot von seinem Tisch zu nehmen und zu essen, und Lebenswasser von den Quellen des Heils zu schöpfen und zu trinken (Jesaja 12,3), und zwar in so grossen Mengen, wie sie nur können, um ihre Seelen zu erfrischen. Das bedeutet, Jesus im Glauben geistlich zu essen und zu trinken, wodurch sie Trost, Friede und Zufriedenheit, Sicherheit und Heil empfangen.
Siehe, hier habe ich versucht dir zu zeigen, wie du einen gnädigen Gott, die Vergebung der Sünden und Friede des Gewissens erhalten und eine Braut Christi werden kannst. Dies geschieht in keiner anderen Weise als folgendermassen: Wenn du das Evangelium hörst, dass Christus deine Sünden an seinem Leib auf das Holz getragen hat (1. Petr. 2,24), und dass er um deiner Sünden willen dahingegeben und um deiner Gerechtigkeit willen auferweckt ist (Röm. 4,25), oder ähnliche Worte der Schrift, dann ist der Heilige Geist gegenwärtig und erweckt durch diese Worte Glauben in deinem Herzen, sodass du diesen Schatz, Christus, für dich selber annimmst mit allem, was er ist und besitzt. Und von diesem Moment an bist du gerecht und ein gesegnetes Kind Gottes. Siehe, das ist die wahre Verlobung zwischen Jesus und dir, dass er deine Sünden auf sich selber nimmt, und sich selber mit seiner Fülle dir schenkt, wie er selber durch den Propheten sagt: "Ich will mich mit dir verloben ... in Gnade und Barmherzigkeit. Ja, im Glauben will ich mich mit dir verloben, und du wirst den Herrn erkennen." (Hos. 2,19-20)
Also sollst du wissen, lieber Freund, dass dir durch Jesus Christus die Vergebung der Sünden gepredigt wird, und durch ihn werden alle, die glauben, von allen Dingen gerechtfertigt, von denen man durch das Gesetz Mose nicht gerecht werden konnte (Apg. 13,39). Siehe, lieber Freund, Gottes Erbarmen scheint wie die Morgendämmerung über dir, und seine gnädige Fürsorge wie die Strahlen der Sonne. Sein Wort bleibt in Ewigkeit, und sein Heil für immer. "Der Herr wird dein ewiges Licht sein, und die Tage deines Leides sollen ein Ende haben." (Jes. 60,20) "Jauchzet, ihr Himmel, freue dich, Erde, lobet, ihr Berge, mit Jauchzen, denn der Herr hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden. Zion aber spricht: Der Herr hat mich verlassen, der Herr hat mein vergessen. Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie desselben vergässe, so will ich doch dein nicht vergessen. Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet. Du bist mein und sollst mein auserwähltes Erbe in Ewigkeit bleiben." (Jes. 49,13-16)